Gabriel

Gabriel aus Eritrea

Gabriel kommt aus Eritrea und ist Mutter von zwei Söhnen. Im Jahr 2016 ist sie ohne ihre Kinder nach Deutschland gekommen. Ihre Söhne sind heute 15 und 17 Jahre alt. Aus Sorge vor der langen Flucht und der Ungewissheit hat Gabriel ihre damals 8 und 10 Jahre alten Kinder bei ihren Eltern gelassen, mit der Absicht sie so schnell wie möglich nachzuholen.

Die 34-Jährige ist verwitwet, da ihr Mann ist im Militärdienst gefallen. Daher machte Gabriel sich 2015 allein auf den gefährlichen Weg nach Europa. Sie stammt aus einem kleinen Dorf, nahe der Hauptstadt Asmara. Über den Sudan, gelang sie nach Libyen und vor dort aus weiter nach Italien. Ihr Ziel war Deutschland, wo sie schließlich 2016 auch ankam. Auf ihrer Flucht durchquerte sie sowohl die Sahara, als auch das Mittelmeer.

Die Trennung von ihren Kindern fiel Gabriel sehr schwer, aber die Angst vor der gefährlichen Flucht, veranlasste sie zu der Entscheidung ihre Kinder zurückzulassen. Dennoch macht sie sich Vorwürfe, ihre Heimat ohne ihre Kinder verlassen zu haben, besonders wenn sie andere Geflüchtete begegnet, die mit ihren Kindern zusammen sind. Während sie das erzählt, bricht sie in Tränen aus, so lange hat sie ihre Kinder nicht gesehen. Hätte ich meine Kinder mitnehmen sollen? Was wäre passiert, wenn ihnen was zugestoßen wäre? Das sind Fragen, die sich Gabriel immer wieder stelle. Fragen, die offen bleiben.

Ihre Söhne haben Eritrea vor einiger Zeit verlassen, da sie den anstehenden Militärdienst fürchteten. Sie sind nach Äthiopien gegangen. Von dort aus hat Gabriels älterer Sohn die Flucht nach Europa gewagt, kam jedoch nach drei Wochen wieder in Äthiopien an. Die Flucht war gescheitert. In der Zeit gab es keinen Kontakt zu ihm. Gabriel beschreibt, dass in ihrer Heimat lediglich von Menschen berichtet wird, denen die Flucht gelungen ist, jene die angekommen sind. Es wird nicht von der Gefahr und den vielen Menschen gesprochen, die ihr Leben auf der Flucht lassen.

Gabriels Schwester hat ihre eigenen Kinder bei den Großeltern gelassen, um nach Äthopien zu gehen und bei ihren Neffen zu sein. Die Situation sei für die ganze Familie sehr belastend, erklärt Gabriel. „So ist das in meiner Familie. Ich muss nicht nur an meine Kinder denken, ich muss auch an meine Schwester denken. Sie soll auch ihr Leben führen. Auch meine Schwester wartet auf den Familiennachzug, sie wird älter und für sie wird es schwerer, selbst nochmal ein Leben auf die Beine zu stellen.“

Um die finanzielle Versorgung während des Militärdienstes ihres Mannes sicherzustellen, hat Gabriel damals vor den eritreischen Behörden die Angabe gemacht, bereits volljährig alt zu sein. Diese Angabe wurde in ihren Dokumenten übernommen, was in Deutschland für Verwirrungen sorgte, als sie ihr richtiges Alter angeben wollte. Aus diesem Grund und anderen bürokratischen Hürden, verzögerte sich der Prozess der Familienzusammenführung immer wieder. Dabei hätte Gabriel alle Forderungen der Behörden stets erfüllt, betont sie. Sie hat Sprachkurse besucht, gearbeitet und eine Wohnung bezogen, die den Anforderungen entsprach, lediglich der Pass fehlte.

In der Vergangenheit war die nachträgliche Passbeschaffung für Geflüchtete aus Eritrea nur möglich, wenn neben einer zu zahlenden Diasporasteuer eine Reueerklärung abgegeben wurde, welche beinhaltete eine Straftat zuzugeben, was im vergangenen Jahr als unzumutbar erklärt wurde (Siehe Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts: https://www.bverwg.de/de/pm/2022/62).

Für Gabriel galt vor dem Urteil noch die alte Regelung, welche für sie keine Option dargestellt habe.  Daraufhin versuchte sie es in Belgien. Da ihr Asylverfahren in Deutschland aber bereits in Bearbeitung war, wurde sie in Belgien abgelehnt. Zurück in Deutschland wird sie wieder an eine Aufnahmeeinrichtung verwiesen, in der sie lediglich temporär untergebracht wurde. Nach mehreren Tagen der Obdachlosigkeit wurde sie in der Frauenobdachlosenunterkunft aufgenommen. Von dort gelingt es ihr mit Hartnäckigkeit und persönlichem Einsatz an eine gute bezahlbare Wohnung zu kommen, die auch als Standard für den Familiennachzug ausreicht. Die Strapazen hätten sehr an ihren Nerven gezehrt. „Wenn ich nicht an die richtige Stelle gekommen wäre, dann würde es mir jetzt sehr viel schlechter gehen“, betont Gabriel. 

Doch es gibt nun auch endlich wieder Hoffnung. Durch das bereits erwähnte Gerichtsurteil wird kein Dokument der eritreischen Botschaft mehr benötigt, um den Familiennachzug offiziell beantragen zu können. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass die bürokratischen Hindernisse kleiner werden und Gabriel bald ihre Kinder nach Deutschland einladen darf.