Sedigh Banafshi

Sedigh Banafshi aus dem Iran

Ein Mensch, ein Fall

Rüdiger Grölz ist Pax Christi Mitglied und hat zu Beginn des Jahres ein Interview mit Sedigh Banafshi geführt. Sedigh lebt seit zwei Jahren in Deutschland und ist 43 Jahre alt. Im Frühjahr 2021 ist er aus Kurdistan, Iran geflohen und musste seine Familie dort zurücklassen. Er beschreibt, dass er sich allein und hilflos fühlt, da seine Familie nicht bei ihm sein kann und es derzeit unmöglich erscheint, dass die Familie zeitnah wieder zusammenkommt.  Die Zeit drängt jedoch, da Sedighs Sohn in weniger als drei Jahren seinen Militärdienst im Iran antreten muss, was Sedigh unbedingt verhindern möchte, indem er seinen Sohn und seine Frau nach Deutschland nachholt.  

Das Interview findet im Büro eines Second-Hand Ladens statt. Sedigh wurde begleitet von seiner Betreuerin.

 

Rüdiger Grölz: Guten Tag, Herr Banafshi, wie geht es Ihnen?

Sedigh Banafshi: Mir geht es ganz gut. Ich habe bis eben gearbeitet und jetzt habe ich Feierabend.

Rüdiger Grölz: Wie sind Sie vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen?

Sedigh Banafshi:  Ich bin zu Fuß in die Türkei gegangen, wo ich drei Monate geblieben bin. Von dort aus bin ich zu Fuß weiter nach Griechenland gegangen. Als ich in Athen angekommen bin, musste ich dort drei Monate in Quarantäne verbringen. Diese Regel galt damals, Corona bedingt, für alle Geflüchtete, die im EU-Raum ankommen. Von Athen aus bin ich nach Deutschland geflogen. Das war im Frühjahr 2021.

Rüdiger Grölz: Wo lebt Ihre Familie derzeit?

Sedigh Banafshi: Meine Frau lebt gemeinsam mit unserem Sohn bei ihrem Bruder. Wegen der politischen Lage, habe ich Angst um meine Familie. Für mich ist es schlimm, dass sie nicht bei mir sein können, vor allem auch, weil die Zeit drängt. Daher möchte ich meine Familie bei mir haben. Ich möchte arbeiten gehen und mit ihnen zusammenleben, ohne Angst.

Rüdiger Grölz: Sedigh, Sie sind allein nach Deutschland gekommen. Ihre Familie ist noch im Iran. Wieso war es bisher nicht möglich, sie nachzuholen?

Sedigh Banafshi: Die Anträge, die ich in den vergangenen Jahren gestellt habe, wurden abgelehnt. Obwohl ich jetzt eine Ausbildungsduldung habe, bekam ich Negativbescheide.

Betreuerin: Ausbildungsduldung heißt, Sedigh kann, solange er sich in der Ausbildung befindet, nicht abgeschoben werden. Er kann seine Familie nachholen, sobald er die Ausbildung beendet hat und eine feste Stelle bekommen hat. Erst dann kann er den Antrag auf Familiennachzug erneut stellen. Es ist also frühestens nach drei Jahren möglich, die Familie zusammenzuführen, sofern die Ausbildung reibungslos beendet wird und Sedigh direkt im Anschluss eine Festanstellung bekommt.

Sedigh Banafshi: Ich mache eine Ausbildung als Maler bei einer mittelgroßen Malerfirma. Ich gehe jeden Montag und einmal im Monat freitags zur Berufsschule.

Rüdiger Grölz: Wie gefällt Ihnen die Ausbildung? Kommen Sie gut zurecht?

Sedigh Banafshi: Ja, ich komme gut zurecht, aber es darf nichts schiefgehen. Ich darf auf keinen Fall gekündigt werden. Ich muss die Ausbildung zügig schaffen und die Prüfungen bestehen, denn sonst dauert es noch länger. Mein Sohn ist jetzt 14 Jahre alt. In drei Jahren muss er im Iran seinen Militärdienst antreten. Ich habe große Angst davor und möchte, dass er vorher zu mir nach Deutschland kommen kann. Daher muss ich die Ausbildung unbedingt in der vorgesehenen Zeit abschließen.

Rüdiger Grölz: Haben Sie Zugang zu einer Beratungsstelle, die Sie rechtlich unterstützt?  

Sedigh Banafshi: Ja, ich war bereits mit mehreren Anwälten in Kontakt. Es ist sehr schwierig. Ich habe nun schon zwei Negativbescheide erhalten. Meine Anträge wurden zweimal abgelehnt. Wenigstens habe ich jetzt einen Ausbildungsplatz bekommen und kann es auf diesem Weg schaffen. Das war ein großes Glück. Hätte ich diese Ausbildung nicht anfangen können, wäre ich zurückgekehrt in den Iran.

Betreuerin: Ihr müsst wissen, Sedigh ist ein sehr hilfsbereiter Mensch. Er hat länger in Trier gelebt und in seiner Freizeit ehrenamtlich in einer Kirche, in der er sich auch hat taufen lassen, gearbeitet und hat dort viele Aufgaben übernommen.

Sedigh Banafshi: Meine Familie ist sehr nett und kann und will auch ihren Beitrag leisten und sich engagieren (er deutet auf die vielen ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, die um ihn herum in dem Second-Hand Laden arbeiten).

Rüdiger Grölz: Sedigh, es ist sehr bewegend, was Sie sagen und es tut mir leid, dass Sie Ihre Familie so lange nicht sehen konnten.

Sedigh Banafshi: Was mich sehr belastet ist die Tatsache, dass ich nicht weiß, wann wir uns wieder sehen werden. Ich weiß nicht, was ich weiter tun kann, um den Prozess zu beschleunigen.

Rüdiger Grölz: Vielen Dank für das Interview, Sedigh.

Sedigh Banafshi:  Dankeschön, dass Sie gekommen sind.